Zum Inhalt springen
Startseite » New Work aus Ghostthinker-Perspektive

New Work aus Ghostthinker-Perspektive

Spürt man das Anbrechen einer neuen Epoche immer so deutlich, wie es seit einiger Zeit durch die Digitalisierung geschieht? Die Begrifflichkeit der digitalen Transformation ist in aller Munde. Seit etwa fünf Jahren bereiten Events, Workshops, Lesungen und Fachliteratur besonders die Menschen in der Wirtschaft sukzessive auf die Thematik vor.

Der Startschuss in eine neue Zeit ist bereits gefallen, die Digitalisierung “transformiert” uns.

Die Zeit der Unsicherheit und des Abwartens hat sich in eine Zeit des Herantastens und Austestens gewandelt. Die Wirtschaft versucht schrittweise den Anschluss zu halten, das Ausmaß der neuen Möglichkeiten ist oft nur häppchenweise bekömmlich. Wenn Innovation schneller ist, als der Mensch sie verstehen und annehmen kann, dann brauchen wir Ideen und konkrete Maßnahmen, wie wir damit umgehen wollen. Inzwischen werden die Veränderungen spürbar, welche durch die Digitalisierung entstehen, und sie machen sich in einer neuen Art zu arbeiten und zu leben bemerkbar.

Veränderung mit Augenmaß

Ganz klar ist: Die Digitalisierung bringt uns Vor- und Nachteile. Auf dem Weg in die Zukunft der Arbeitswelt gibt es viele Fragen zu beantworten. Eine digitalisierte Welt wird von altbekannten analogen Arbeitsabläufen und hohen Papierbergen nicht viel übriglassen. Doch das sind nur die kleinen Veränderungen. Egal ob in der Wirtschaft, Wissenschaft, Kunst, Kultur oder im Sport, bereits bestehende Technologien, bestehende Produkte oder bestehende Dienstleistungen werden schrittweise abgelöst von ihren digitalen Nachfolgern.

An vielen kleinen und großen Stellschrauben wird gedreht, um etwas zu verändern. Wichtig dabei ist, das ganze Konstrukt im Auge zu behalten und darauf zu achten, dass die einzelnen Neuerungen sich positiv auf das Endergebnis auswirken und nicht an anderer Stelle ein kritisches Ungleichgewicht entsteht.

In vielen Fällen wird an den entscheidenden Stellen die Notwendigkeit einer ganzheitlichen Strategie nicht gesehen oder gar nicht gewollt. Zum einen ist der aktuell bestehende Erfolg im Unternehmen ein täuschender Faktor, zum anderen ist auch die Veränderung, die jede Person und ihre Position im Unternehmen treffen könnte, ein Hinderungsgrund. Diese Sicht kann auf Dauer falsch sein und wird leider oft zu spät erkannt. Veränderung braucht Zeit, Geduld und auch Investment

Arbeiten 4.0 – aber wie?

“New Work ist ein englischer Begriff, den der austro-amerikanischen Sozialphilosoph Frithjof Bergmann entwickelte und in der deutschen Übersetzung „Neue Arbeit“ bedeutet. Die Bezeichnung Neue Arbeit ergibt sich aus der heutigen Konsequenz der Globalisierung und Digitalisierung und welche Auswirkungen diese Konsequenzen auf die Arbeitswelt haben.” (Lexikon Gründerszene, https://www.gruenderszene.de/lexikon/begriffe/new-work?interstitial)

Wenn wir uns auf den Bereich der sich ändernden Arbeitsweise fokussieren und uns das Thema New Work genauer anschauen, zeigt sich, dass es um mehr geht als das Abändern von Arbeitsverträgen oder die Einführung von Home Office-Optionen. Arbeitnehmer:innen von morgen suchen Sinnhaftigkeit in ihrer Arbeit, sie wollen bei der Arbeit intrinsisch motiviert sein und streben nach Selbstbestimmung und Eigenverantwortung.

Ob Unternehmenskultur, verschlankte Unternehmensstrukturen, veränderte Prozesse, neue Führungsmethoden und auch die Art, wie Arbeit in Zukunft geleistet wird – alles muss gemäß den unternehmensspezifischen Anforderungen überprüft, angepasst und getestet werden.

Wie man die Umgestaltung einführen kann, dazu gibt es inzwischen zahlreiche Strategien, Beratungsangebote und Literatur. Wie sieht es aber in Organisationen aus, die diesen Weg bereits gegangen sind? Welche Erfahrungen sind nach den ersten Jahren zu verzeichnen? Wie wirken sich die Strukturen und Prinzipien von New Work intern auf das Team und die einzelnen Angestellten aus? Hierzu gibt es noch wenig Informationen.

Vielleicht hilft an dieser Stelle ein Blick hinter die Kulissen der Ghostthinker, denn wir arbeiten seit der Gründung 2005 in einem deutschlandweit verteilten Team sozusagen “in der Cloud”. Daraus wächst nach wie vor stetig unsere Unternehmensphilosophie. Wenn wir nun nach fast 13 Jahren einmal eine Bilanz ziehen, dann gibt es einiges an Erfahrungen, die wir teilen können und auch sehr gern möchten.

Mehr Freiheit ist gleich mehr Verantwortung

Täglich freie Arbeitsplatzwahl, selbstbestimmte Arbeitszeiten, agiles Arbeiten, digitale Kommunikation, Cloudworking … Das alles ist unser täglich Brot als Ghostthinker. In Blogbeiträgen wie: Digital Leadership – so fern und doch so nahDrei Personen, zwei Kontinente, ein Termin und null Probleme oder #Perspektivenwechsel: Konzentration am Meer schreiben wir über unsere Erlebnisse, die durch unsere Arbeitsphilosophie entstehen. Und wie fühlen wir uns damit? Was macht es mit uns und unserem Blick auf die Arbeit?

Unser Team besteht  aus 15 relativ autonomen Ghostthinkern, die alle passend zu ihren individuellen Kompetenzen an ihren speziellen Inhalten arbeiten. Unsere Arbeit fließt jedoch ganz selbstverständlich ein in die Inhalte der anderen. Wir tragen dafür Sorge, dass es nicht zu Engpässen im Arbeitsfluss kommt, indem wir unsere Aufgaben verantwortungsvoll umsetzen, ohne dass uns einer dabei auf die Finger schaut.  Das Gesamtpaket, das Kund:innen von Ghostthinker erwarten, lässt sich nur durch das Ineinandergreifen dieser Tätigkeiten erreichen. Wir sind wie ein Mosaik, welches sehr gut erweitert werden kann, worin aber ein verlorenes Steinchen nur schwer passgenau ersetzt werden kann. Zentrale Aufgabe bei uns ist es demnach ein stabiles Zugehörigkeitsgefühl zu schaffen, regelmäßige Maßnahmen des Teambuildings ernst zu nehmen und gemeinsame Werte zu pflegen. Ohne diese Grundpfeiler ist es schwer, dezentral und selbstbestimmt zu arbeiten und gleichzeitig den Teamgedanken zu erhalten.

Dezentrales Teambuilding

Wir Ghostthinker haben die Möglichkeit der freien Wahl des Arbeitsplatzes. Es gibt bestehende Büros, denen man sich anschließen kann, oder man arbeitet aus dem Homeoffice. Und es ist ebenso möglich von ständig wechselnden Standorten aus zu arbeiten. Das geht nur, weil wir papierlos bzw. cloudbasiert arbeiten und unsere gemeinsamen Absprachen online  über unterschiedliche virtuelle Tools wie Skype oder andere Onlinemeeting-Dienste tätigen.

Um der Gefahr des mentalen “Auseinanderdriftens” zu entgehen, pflegen wir eine ausgeprägte Dokumentationskultur (shared and living documents), die ad hoc und durch regelmäßige Meetings flankiert wird. Wir besprechen uns beispielsweise einmal im Monat virtuell im gesamten Team für eine Stunde und setzen uns hier neben beruflichen Inhalten auch mit privaten Themen und Neuigkeiten auseinander. In unseren Kleinteams wie Marketing, Entwicklung oder Vertrieb sprechen wir im fixen Turnus;  ergänzend dazu führt jedes Kleinteam einen 15-minütigen Tagesstart durch. Zusätzlich gibt es ein jährliches Teamevent, welches in wechselnden deutschen Städten stattfindet. Für das Zugehörigkeitsgefühl und die wichtige Identifikation mit dem Unternehmen ist es unerlässlich solche Maßnahmen ernst  zu nehmen und zu pflegen.

Dokumentation als Grundlage für Selbstbestimmung und Teamwork

Wie kann ich in einem Team flexibel und selbstbestimmt arbeiten, ohne den Teamprojekten den Flow zu nehmen? Da unsere Kolleg:innen auch bei Ghostthinker nicht wie von Geisterhand in unsere Gedankenwelt eintauchen können, ist es von großer Bedeutung alle Tätigkeiten, Neuigkeiten und Vorkommnisse zu dokumentieren.

Unsere Themen halten wir an unterschiedlichen Orten fest. Wo wir was und wann vermerken, haben wir in internen Guidelines gemeinsam vereinbart und protokolliert. Wir pflegen an die Teams gebundene Logs, wie beispielsweise für Marketing oder Vertrieb. Hier werden Projekte, Neuigkeiten oder Fragen mit Datum, Zeit und Verfasser:in und einer Überschrift dokumentiert. So können alle Beteiligten zu Beginn ihres Arbeitstages ihre relevanten Logs lesen und nachvollziehen, welche wichtigen Punkte es im Team gibt. Zudem werden kundenbezogene Inhalte sowie Information in einer Plattform für Kundenmanagement vermerkt. Diese Strukturen ziehen sich durch weitere im Team genutzte kollaborativen Programme wie zum Beispiel im Projektmanagement. Auf dieser Weise gibt es einen stetigen Informations- und Kommunikationsfluss.

Selbstbewusst und flexibel

Diese Arbeitsweise gilt für uns alle, wir bürgen täglich für unsere Leistung. Für unseren Bereich, aber auch für das große Ganze. Umfassende strategische Entscheidungen besprechen wir gemeinsam, egal aus welchem unserer Kleinteams die Idee kommt. Entscheidungen aus unserem Kompetenzbereich treffen wir häufig aus eigener Verantwortung, ohne Geschäftsleitung oder Teamleiter:innen. Das bedeutet, flache Hierarchien gehen Hand in Hand mit einer agilen Arbeitsweise. Agil zu arbeiten ist in unserer Branche nicht nur sehr hilfreich, sondern verschafft uns an einigen Stellen einen Wettbewerbsvorteil.

Doch was bedeutet agiles Arbeiten aus Sicht einer gesamten Organisation oder eines Unternehmens? Dominic Lindner fasst es auf seinem Blog für uns passend zusammen: Laut dem Duden bedeutet agil:

  • beweglich, regsam und wendig

Laut Gloger und Margetich ist Agilität eine Haltung, also ein Verhalten und orientiert sich am agilen Manifest:

  • Individuen und Interaktionen statt Prozesse und Werkzeuge

  • funktionierende Software statt umfassende Dokumentation

  • mehr Zusammenarbeit mit dem Kunden statt Vertragsverhandlungen

  • reagieren auf Veränderungen statt bloßes befolgen eines Plans.

Orientiert an den Prinzipien von Agilität von Brandes heißt es:

  • Liefern was gebraucht wird

  • Kunden wirklich verstehen

  • Organisationen gemeinsam beleben

  • Menschen ehrlich begeistern

  • neue Blickwinkel eröffnen neue Ansichten.

Und an den Prinzipien des agilen Managements bedeutet es:

  • Selbstorganisation

  • Einfachheit

  • Entscheidungen durch das Team

  • Transparenz.

Agilität ist also zusammenfassend eine Mischung aus Prinzipien und deswegen ein Verhalten. Dieses Verhalten zu leben bedeutet jedoch auch, wir brauchen die Bereitschaft zu Höchstleistung und müssen immer wieder operative und strategische Neujustierungen durchlaufen.

Die agilen Innovationstreiber und Mitdenker

Das birgt Gefahren für die langfristige Leistungsbereitschaft und die Gesundheit. Arbeiten in einem Markt von disruptiven Innovationen und Technologien bedeutet auch eine Belastung für Psyche und Körper. Woran liegt das? Die Worte Innovation, agil und disruptiv bringen die Antwort schon mit sich. Wir bewegen uns in einem instabilen Umfeld. Bekanntes wird wiederholt in Frage gestellt. Ruhe und Entspannung sind in weiter Ferne. Für das Gehirn bedeutet das ständige Hab-Acht-Stellung und Stress. Von großer Bedeutung ist daher ein kommunikatives und offenes Unternehmensklima, welches sich in Situationen der Überforderung oder Überlastung eines Einzelnen selbstverständlich anbietet. Verfällt man in einen Zustand des Tunnelblicks, ist es ratsam, den Ruhemodus in den Vordergrund zu stellen. Sich regelmäßig an bekannten Grundpfeilern zu orientieren und der Kreativität wieder Raum zu geben, ist in dieser Arbeitskultur umso wichtiger. Somit wird es unverzichtbar, eine Wertekultur zu pflegen, welche auf eine ausgeglichene Work-Life-Balance besonderen Fokus legt und Kolleginnen oder Kollegen dazu anhält, Ruhezeiten ernst zu nehmen. Sich zwischenzeitlich zu erden und die Arbeit zeitweise strikt aus der Freizeit herauszuhalten, ist demnach umso wichtiger. Es braucht regelmäßige kreative Aus- und Ruhezeiten, um die Schnelllebigkeit zwischenzeitlich zu verlassen und das “ganze Bild” zu sehen.

Digital Detox – Bewusst Offline sein

Digitale Entgiftung meint nicht etwas “Böses” von sich zu schieben und es loszuwerden. Vielmehr geht es um einen verantwortungsvollen und bewussten Umgang mit der ständigen Bereitschaft erreichbar, up to date oder online zu sein. Das Verschwimmen von Freizeit und Beruf, das sogenannte Work-Life-Blending führt am Ende nur zum Verlust der eigenen Balance und eventuell sogar Gesundheit. Es benötigt feste Signale wie Ansprechzeiten und feste Urlaubszeiten, um Kolleg:innen sowie Kund:innen den angemessenen, individuellen Rahmen der Belastbarkeit aufzuzeigen. Diese Zeiten müssen sich nicht an einer 25-, 30- oder 40-Stunden-Woche orientieren, sondern sollten von jedem selbst festgelegt werden und wichtige Ruhezeiten sichtbar machen. Den allzu oft entsteht durch ein Verschmelzen von Arbeit und Freizeit ein Nachteil für das Privatleben. Arbeitnehmer:innen erledigen aus freien Stücken das Abarbeiten von Mails und anderen Geschäftsabläufen am Abend oder am Wochenende. Jedoch wird es nach wie vor als unangemessen betrachtet, während der Arbeitszeit Privates zu erledigen.

“Nur wer sich darauf einlässt, seine Mittagspause vielleicht um eine Stunde zu verlängern, um einen Behördengang zu tätigen oder einfach nur den Frisör zu besuchen, dafür aber am Abend vom heimischen Laptop aus weiter arbeitet, kann das volle Potenzial der neuen Arbeitsweise ausschöpfen und es für sich persönlich als Segen empfinden”. (https://karrierebibel.de/work-life-blending)

Das heißt, die klassische Aufsichtslogik weicht einer Selbst- und Teamsteuerung, die sich vor allem am Outcome orientiert. Wir fragen nicht: Hast du acht Stunden gearbeitet? Sondern: Sind die Bedürfnisse der Kund:innen befriedigt? Aber auch diese Strategie birgt natürlich Gefahren für die Selbstausbeutung. Wir sind der Meinung das autonome Teams mit sozialen Leitplanken eine zielgerichtete Lösung mit Sicherheitsnetz sind. Daher schalten wir der selbstständigen Arbeitsweise zusätzlich die soziale Absicherung im jeweiligen Kleinteam zu.

Das Arbeitsverhältnis der Zukunft

Geht es um ein geregeltes Verhalten oder ein lockeres Verhältnis? Im Grunde geht es um die Schnittmenge. Kann die diffuse “Liebesbeziehung” zur Arbeit oder eher der maßgenaue Vertrag zum gewünschten Erfolg führen? Elementar scheint es jedenfalls zu sein, für nachhaltige Änderungen in der Zusammenarbeit gemeinsame Werte zu schaffen und die Mitarbeitergesundheit als ein zentrales Thema zu behandeln. Welche Formel für einzelne Unternehmen die passende sein wird, ist sicher sehr individuell zu betrachten. Wir geben nur eine Frage an die Hand:

Wie viel Freiraum braucht echte Verantwortung?